„Das ist einfach eine hinterhältige Entscheidung“

veröffentlicht am21. Februar 2013 » 2644 Views»

von Thomas Willmann/Schweriner Volkszeitung vom 21.02.13

Gründervater des Lübtheener Ringervereins äußert sich empört zu Beschluss des Internationalen Olympischen Komitees

csabaDer Beschluss des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), die Sportart Ringen für 2020 aus dem Olympischen Programm zu nehmen, hat weltweite Proteste ausgelöst (SVZ berichtete). Auch beim Ringerverein Lübtheen stieß die Ankündigung auf Empörung. SVZ hatte Gelegenheit, mit Csaba Mátraházi zu sprechen. Der 73-Jährige, der 1963 aus Ungarn in die Lindenstadt gekommen war und dort ab 1968 als „Gründervater“ das Ringen als Wettkampfsport aufgebaut hat, ist noch heute in beratender Funktion für den Zweitliga-Aufsteiger tätig und bringt sich auch aktiv in die Technik-Schulung der Männer ein, wenn einmal Not am Mann sein sollte.

Wie fiel Ihre  erste Reaktion aus, als Sie von dem Beschluss gehört haben?

Csaba Mátraházi: Ich habe gedacht, jetzt ist die Bombe geplatzt. Die Ringer standen ja schon seit vielen Jahren im Fokus des IOC, wurden immer wieder angegriffen,  so nach dem Motto: Wenn ihr nichts ändert, fliegt ihr raus. Dennoch, „überrascht“, wie sich unser Verband gezeigt hat, ist für diese hinterhältige Entscheidung ein viel zu milder Ausdruck. Wir sprechen hier gewissermaßen von der Mutter aller Sportarten. Gerungen wurde nachweislich schon vor 5000 Jahren. Der Ringkampfsport wird auf allen Kontinenten betrieben, dem Weltverband sind 147 Länder als Mitglieder angeschlossen. In  Deutschland und überhaupt in Westeuropa stehen wir zwar ein bisschen hintendran, aber in Russland, den USA oder dem Iran, um nur einige Beispiele zu nennen, ist das Ringen ungeheuer populär. Oder nehmen Sie Bulgarien und die Türkei, da stehen die Kinder im Training Schlange.

Wie erklären Sie sich dann diese Entscheidung?

Mátraházi: Die Speerspitze richtet sich wohl gegen Russland und die GUSStaaten, deren sportliche Dominanz nach der Auflösung der Sowjetunion wirklich erdrückend ist. Das kann aber doch kein Grund für die Streichung der traditionsreichsten Sportart der Welt sein. Ich finde es schon beängstigend, dass ein paar alte Herren so viel Macht haben. Wenn es darum geht, dass der Umfang des olympischen Programms zu groß geworden ist, so lässt sich sicher überall etwas komprimieren. Auf den Ringkampfsport bezogen könnte ich mir vorstellen, dass man es wie  bisher bei acht Gewichtsklassen belässt, aber durch einen für die jeweiligen Spiele festzulegenden Wechsel zwischen klassischem und freiem Stil – man fängt zum Beispiel mit 55 kg Freistil an, dann folgen 60 kg klassisch und so weiter – auf einfache Weise die Konkurrenzen halbiert. Das wäre eine schmerzhafte, aber sinnvolle Entscheidung, die beiden Stilarten gerecht würde.

Wie muss es aus Ihrer Sicht jetzt weitergehen?

Mátraházi: Die Protestwelle ist ja schnell ins Rollen gekommen. Innerhalb weniger Minuten war das Netz voll von empörten Reaktionen, und zwar nicht nur aus Ringerkreisen. Die großen Nationen müssen die Kastanien aus dem Feuer holen. Und  natürlich muss unser Verband voll mitziehen.

Wie groß schätzen Sie die Chancen ein, dass das tatsächlich etwas bewirkt?

Mátraházi: Das ist schwer zu sagen. Aber ich bin optimistisch. Der Druck wird so groß sein, da muss das IOC seine Entscheidung ganz einfach revidieren. Ich betone gerne noch einmal: Es ist eine Schande, eine klassische Grundsportart so an die Seite schieben zu wollen.

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